Die Lektoren haben wieder zugeschlagen und erschaffen. Beim ersten noch vom Tageslicht begleiteten Rundgang über das diesjährige Lightfestival in Essen las ich schon mal vor ab die ausgestellten Begleittexte und war von der voller pädgogischen Floskeln gefüllten Sprache echt angetan. Jawohl, so macht Kunst Spaß, nehmen sie doch den „Kunst“ – Konsumenten, nicht – Interessierten, zärtlich begleitend an die Hand und infantilisieren diesen. Wahrscheinlich war die Text-KI auf die Altersbeschränkung ab 6 Jahren eingestellt und das konnte leider nicht mehr korrigiert werden. Hier zwei Beispiele:
„Sterne waren schon immer ein Sehnsuchtsziel der Menschen, verbunden mit dem starken Wunsch, sie zu erreichen und vollständig zu erforschen. Diesem Wunsch kommt die interaktive Lichtinstallation „Touch the Star“ nach, denn hier können die Besucher nach den Sternen greifen. Das Tolle ist, wenn sie die Installation berühren, verändert sich diese sogar. Eine Interaktion, der Vorfreude vorausgeht und Glück nachfolgt. Denn Berührung ist der Ausgangspunkt von allem. Berührung ist Verbindung, Liebe, Schöpfung, der Urknall.“
„‚Gate of Worlds‘ ist eine Projektion, die die Besucher in verschiedene imaginäre Welten mitnimmt. So gelangt man durch das Portal in fantastische Science-Fiction-Welten, in die kunstgeschichtliche Epoche des Jugendstils oder kriegt aufgezeigt, wie sich der Klimawandel auf die Flora und Fauna auswirkt.
Das liest sich nicht nur spannend – Achtung Ironie! – sondern ist auch erlebnistechnisch eher unspannend und langweilig. Und zwei ganz ähnliche Kunstwerke mit Gesicht („Mega Viki“) und Augen („Oculucis“) rettet auch nicht ihre Entfernung voneinander. Dem aufmerksamen Besucher entgeht zudem nicht, das es mindestens zwei weitere Werke schon einmal in ähnlicher Form gegeben hat („Light Connector“); eines davon sogar noch mehr („Baum der Wünsche“).
Das einzige Highlight des Rundgangs findet sich dann in der Marktkirche in Form von „Licht und Segen II“. Verschiedene Laserstrahlen sind zu einer Art von Wänden oder Hindernissen gebündelt. Das aber ist nur Illusion. Tatsächlich kann ich durch sie hindurchgehen und der Strahl bricht in diesem Fall sofort ab. Hier hatte ein Kind dieses Prinzip für sich spielerisch entdeckt und unterbrach einen einzelnen Strahl mit seiner Zunge.
Und die Frage nach der Kunst – Lichtkunst insbesondere – am Ende zu stellen, verbietet sich hier fast von selber. Das hier ist nur Stadtmarketing, mehr nicht. In der Neunten, immer langweiligeren Auflage.